Die Brachial Romantische Haus Apotheke
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DAS WAHLMÄRCHEN

Es waren einmal sieben traurige Zwerge. Die hatten kein Schneeflittchen mehr, nicht einmal noch einen giftigen Apfel, der sie hätte an es erinnern können. Sie waren bitterlich und die Lage trostlos. Keiner mehr, der ihre Bettchen machte, ihre Tellerlein abwusch, ihnen die Mützchen bürstete und vor dem Schlafengehen auf dem Pfeifchen blies.

Eines Tages saß ein CDUhu hinter dem Fenster und krakelte durch einen Käse:
„Vor den sieben Bergen und vor den sieben Tälern im gelobten Land wohnt D-Markarethe und weint den ganzen Tag, weil sie niemanden hat, um den sie sich kümmern kann.“

Das klang gut, und sie schöpften Zuversicht. Packten ihre sieben Rucksäckchen mit ihren sieben Tellerchen, den sieben Zahnbürstchen, den sieben Taucherbrillen und den sieben Sachen, nahmen ihre sieben falschen Bärte vom Haken und wanderten los.

Sie wanderten über die sieben Berge, durch die sieben Täler und kamen an den Fluss der Zeit.
Am Ufer lag ein furchterregendes Ekelvieh mit weitaufgerissenem Maul und wälzte sich in Tand und Tinnef. Der CDUhu setzte sich vertrauensvoll auf dessen Nasenspitze und krakelte:
„Ihr könnt wählen. Entweder putzt ihr dem Untier die scharfen Zähne, dann bringt es euch über den Fluss, und ihr braucht eure sieben Tauchenbrillen nicht einzusauen – oder ihr beißt ins Gras.“

Da begruben die sieben Zwerge ihre sieben Ängste, und jeder wienerte und scheuerte
und glänzte fünf Zähne. Das Ekelvieh nahm sie auf seinen Rücken und brachte sie ans andere Ufer – drüben jedoch sprach es:
„Also, ich wollte es euch nicht schon vorher sagen, aber über den Fluss der Zeit gibt es kein Zurück.
Hähähä.“

Da sahen die sieben Zwerge so alt aus, dass sie ihre sieben falschen Bärte abnehmen konnten.
Deprimiert wanderten sie weiter, bis sie an eine Wegscheide kamen.
In beide Richtungen wiesen zwei gleiche Schilder: ZUM GELOBTEN LAND.
Der CDUhu setzte sich auf den Wegweiser und orakelte:
„Geht ihr nach links, gibt’s was aufs Maul, geht ihr nach rechts, gibt’s was in den Nacken.
Ihr könnt wählen.“

Da überlegten die Zwerge lange hin und her und her und hin und zurück, und schließlich gingen die mit dem besseren Gebiss nach links und die mit dem härteren Dickschädel nach rechts. Der kleinste Zwerg aber sollte an Ort und Stelle auf sie warten.

Am nächsten Morgen biss das lindgrüne Ekelvieh dem kleinen Zwerg weckend ins Ohr:
„Entweder du putzt mir sofort meine 35 Zähne, oder ich fress dich auf. Du kannst wählen.“

Und solange der Fluss der Zeit fließt, muss der kleinen Zwerg dem Ekelvieh die Zähne putzen
und seine Kollegen kriegen abwechselnd aufs Maul und in den Nacken.
Und wenn sie das abkönnen, leben sie heute immer noch.


Beckert/Wolff 1984

Geschrieben für das Hanebuch von 1984; veröff. auf Live aus dem O-Zonenloch (1993)

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